Neues Leitungsteam für das See-Burgtheater
Das See-Burgtheater erhält eine neue Intendanz. Nach 30 Jahren legen die Theaterpioniere Astrid Keller und Leopold Huber die Gesamtleitung des Theaters im Verlauf dieses Jahres in die Hände einer jüngeren Generation. Das neue Leitungsteam setzt sich zusammen aus Simon Engeli, Rahel Wohlgensinger und Giuseppe Spina, alle drei erfahrene Theatermacher, Regisseure und Darstellende und mit dem See-Burgtheater seit Jahren eng verbunden.
1990 wurde das See-Burgtheater von Hans-Ruedi Binswanger und Gregor Vogel gegründet. Von Beginn an war die Schauspielerin Astrid Keller im Leitungsteam und übernahm zusammen mit dem Theaterschaffenden Leopold Huber 1994 die Führung und Intendanz. In den 34 Jahren des bisherigen Bestehens produzierte das See-Burgtheater 45 Inszenierungen, die an den unterschiedlichsten Spielorten 197.761 Theaterbesucher begeisterten. Seit 2005 zeigt das Kulttheater seine jährliche Produktion vorwiegend am Bodenseeufer im Kreuzlinger Seeburgpark. Das Theater ist eine nicht wegzudenkende Marke am See und das eindrucksvolle Ergebnis der beharrlichen Arbeit und ideenreichen Leitung zweier Theaterpioniere.
In diesem Jahr wird die Gesamtleitung des Theaters von der Gründer- und Aufbaugeneration in die Hände jüngerer Theaterschaffenden gegeben. Das neue Intendantenteam setzt sich zusammen aus Simon Engeli, Rahel Wohlgensinger und Giuseppe Spina. Alle drei arbeiten seit vielen Jahren als Theaterschaffende, Regisseure und Darstellende – dabei auch schon vielfach für das See-Burgtheater. Dass sie künstlerisch bestens harmonieren zeigt etwa ihre Zusammenarbeit in der Leitung der Theaterwerkstatt Gleis 5 am Bahnhof Frauenfeld, die sie 2011 gegründet haben und seitdem bespielen.
Das Jahr 2024 ist ein Jahr des Übergangs: So liegt die diesjährige Inszenierung des See-Burgtheaters «Prometheus» bereits in den Händen von Simon Engeli, der Regie führt sowie Rahel Wohlgensinger als Leitung des Puppenspiels und Giuseppe Spina, der das Bühnenbild verantwortet und als Schauspieler auftritt. Im Zuge dieser Zusammenarbeit wird die Leitung des Spielbetriebs von Leopold Huber und Astrid Keller nun Schritt für Schritt an das neue Team übergeben. Der Vorstand des Vereins See-Burgtheater wird diesen Prozess begleiten und unterstützen.
Eine Veränderung gibt es auch auf Ebene des Vereins: Der langjährige Präsident Matthias Begemann hat sein Amt nach über 20 Jahren im Herbst 2023 abgegeben und die ehemalige Kreuzlinger Stadträtin Dorena Raggenbass wurde als neue Präsidentin gewählt.
Weitere Informationen
Rückblick von Astrid Keller
1990 wurde das See-Burgtheater von Hans-Ruedi Binswanger und Gregor Vogel gegründet. Ich war vom Stadttheater Konstanz aus mit beiden befreundet und auch von Anfang an mit dabei, als Schauspielerin und als Helferin bei Besetzungen. Leopold [Huber] hat dramaturgisch mitgearbeitet. 1994 ging Gregor Vogel mit Uli Khuon nach Hannover und Hans-Ruedi konnte gesundheitlichen Gründen das See-Burgtheater nicht mehr weiterführen. Da habe ich Leopold überreden müssen, dass wir zwei es übernehmen. In den folgenden Jahren wurde das Theater weiter entwickelt im organisatorischen, bühnen- und werbetechnischen sowie künstlerischen Bereich. Das Publikum wuchs mit. Wir haben uns von 1.500 Leuten bis 10.000 gesteigert. Das war beim «Besuch der alten Dame» auf Schloss Girsberg. Mit Matthias Gnädinger als Kaufmann ILL war das sicher einer der Höhepunkte. Von 1994-2004 haben wir auf dem Girsberg gespielt. Nachher sind wir zurück zu unseren Wurzeln in den Seeburgpark und sind inzwischen aus dem Kreuzlinger Sommerprogramm nicht mehr wegzudenken. Andere Highlights folgten: «Die schwarze Spinne», «Black Rider» und auch das Musical «Die Schweizermacher». Man konnte uns nie einordnen. Jeden Sommer gab es eine neue Überraschung: Von anspruchsvollen Inhalten bis zu unterhaltenden musikalischen Stücken. Dabei haben wir immer Stücke gemacht, die uns persönlich interessiert haben, nicht nur Komödien zur Unterhaltung. Auch «Liliom» im letzten Jahr war z.B. so ein Wagnis. Es ist ja nicht unbedingt ein Sommertheaterstück und trotzdem ist es, auch dank der grossartigen Schauspieler, sehr gut gelaufen und auch beim Publikum gut angekommen.
Wir sind davon überzeugt, dass man die Theaterleitung weitergeben soll, solange man noch warme Hände hat. Eine Generation hat ihre Arbeit getan, das Publikum soll sich nun von der nächsten Generation herausfordern und inspirieren lassen. Der Zeitpunkt ist richtig. Der Prozess gestaltet sich fliessend: 2022 hat Giuseppe Spina «Lysistrata» inszeniert, Leopold hat die Produktion betreut und Giuseppe in alle Vorgänge eingebunden. Ebenso werden Simon Engeli, Rahel Wohlgensinger und Leopold in diesem Jahr bei «Prometheus» vorgehen.
See-Burgtheater – es geht weiter!
Ein Blick in die Zukunft von Rahel Wohlgensinger, Giuseppe Spina und
Simon Engeli
Wir freuen uns sehr auf die gemeinsame See-Burgtheater-Zukunft! Mit Tatendrang und Selbstvertrauen, aber auch mit Dankbarkeit und Respekt wagen wir uns an die neue Aufgabe, die vor uns liegt.
Seit gut 20 Jahren sind wir drei als Theaterschaffende tätig und in der Thurgauer Kulturlandschaft verankert. Ob jeder für sich, zu zweit oder zu dritt: Unser Erfahrungs-Rucksack ist dicht bepackt mit Inszenierungen, Tourneen, Engagements, Regie- und Autorenarbeiten oder Produzententätigkeiten. Geprägt hat uns vor allem auch die Leitung unseres eigenen Theaters, der Theaterwerkstatt Gleis 5 (zusammen mit drei weiteren Kolleginnen und Kollegen). Seit mehr als 11 Jahren navigieren wir diesen Kahn gemeinsam und haben dabei auch den einen oder anderen Sturm gemeistert.
Unsere beruflichen Anfänge sind eng mit dem See-Burgtheater verbunden. Giuseppe und Simon haben bei Leopold und Astrid zu einem frühen Zeitpunkt in verschiedenen See-Burgtheaterstücken Openair-Luft schnuppern können. (Auch Rahel wurde schon als Leiche über die Bühne getragen!) Diese Engagements waren eine wichtige Inspiration für unseren weiteren Weg. Die gelebte Theaterbegeisterung der beiden hat uns nachhaltig ermutigt, eigene (Openair-)Projekte in Angriff zu nehmen und Leitungs- und Produktionsaufgaben zu übernehmen.
So machen wir uns auch die bisherige Haltung des See-Burgtheaters zu eigen, nämlich frisches, unterhaltsames und anregendes Volkstheater für Alle machen zu wollen! Neue Farben werden in den kommenden Jahren hinzukommen, nicht aus unbedingtem Veränderungswillen, sondern weil wir ganz natürlich unsere eigenen (Berufs-)Biografien mit einbringen: Unsere Erfahrung mit Musik und Musiktheater, mit Puppenspiel, mit der Eigenbearbeitung literarischer Vorlagen – und natürlich auch mit unserem eigenen Netzwerk an Schauspielerinnen und Schauspielern. So freuen wir uns darauf, in Zukunft auch neue Gesichter und Inszenierungsideen präsentieren zu dürfen.
Auch den Kontakt zu anderen Institutionen der Bodenseeregion wollen wir pflegen und festigen: Zum Beispiel zu Laiengruppen, Chören, Orchestern oder Bildungseinrichtungen.
Die Arbeitsaufteilung und Verteilung der Zuständigkeiten von uns dreien ist nicht zementiert und klar abgegrenzt, sondern wird von Inszenierung zu Inszenierung definiert. Wir haben alle Inszenierungs-, Produktions- und Spielerfahrung, diese Flexibilität wollen wir für eine lebendige Leitungstätigkeit nutzen.
Der Übergabeprozess ist in vollem Gange und wir fühlen uns bestens unterstützt. Leopold und Astrid beherrschen die Kunst des Loslassens und stehen gleichzeitig präsent und hilfsbereit an unserer Seite. Der Kontakt und der Austausch mit ihnen soll auch nach unserer Übernahme nicht abreissen. Und wer weiss, ob man die beiden nicht gelegentlich auf „ihrer“ Bühne zu sehen bekommt?
Januar 2024, Rahel Wohlgensinger, Giuseppe Spina, Simon Engeli
Vitas des neuen Leitungsteams
Giuseppe Spina
Giuseppe Spina wurde an der Scuola Teatro Dimitri in Verscio ausgebildet und schloss dort 2004 als Bachelor of Perfoming Arts ab. Anschliessend produzierte er gleich seine ersten eigenen Theaterstücke. Nach einigen Openair-Produktionen und Tourneetheatern stiess er 2011 zum A cappella Theater-Ensemble Zapzarap dazu, mit dem er bis 2016 über 300 Auftritte bestritt. Seit 1998 ist er zudem Leadsänger und Gitarrist der mittlerweile legendären Irish-Folk Band «A Little Green». Seit 2011 ist er Gründer und Co-Leiter der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld. In regelmässigen Abständen produziert, inszeniert und interpretiert er Theaterstücke verschiedener Genres. Ab 2012 arbeitete er auch immer wieder mit Leopold Huber und dem See-Burgtheater Kreuzlingen zusammen. 2022 führte er dort bei «Lysistrata» sowie in der Operette Sirnach Regie. Mit seinen Monologen «Der Kontrabass» und «Novecento» ist er in Schweizer Kleintheatern unterwegs. www.laspina.ch
Rahel Wohlgensinger
Die Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger ist 1980 geboren und in St. Gallen aufgewachsen. Sie absolvierte ein Querflötenstudium an der Hochschule für Musik in Winterthur, das sie 2001 mit Lehrdiplom abschloss. Anschliessend studierte sie an der Hochschule für Schauspielkunst «Ernst Busch» in Berlin in der Abteilung Puppenspielkunst. Abschluss 2007.
Schon während des Studiums entstanden erste Inszenierungen, unter anderem am Theater Junge Generation in Dresden. Seit 2007 ist sie als freischaffende Puppenspielerin mit ihrem Theaterunternehmen «Puppenspiel.ch» unterwegs und hatte zahlreiche Gastspiele und Tourneen mit eigenen Inszenierungen in der Schweiz und in Deutschland.
2008 erhielt sie einen Werkbeitrag vom Kanton St. Gallen. Von 2009 bis 2011 war sie festes Ensemblemitglied am Stadttheater Konstanz im Bereich Puppenspiel.
Ihre Inszenierungen verbinden Puppenspiel und Schauspiel und bilden den Schwerpunkt ihrer Theaterarbeit. Mit Klappmaul-Figuren, wie dem Hund Monty oder dem grantigen Esel Herr Fässler, schafft sie Persönlichkeiten die Publikumslieblinge werden. Daneben leistet sie im Genre «Theater von Anfang an» Ostschweizer Pionierarbeit für ein junges Publikum ab zwei Jahren. Die Stücke ihrer Trilogie «Flow», «Klank» und «Stoffen» werden an zahlreiche internationale Festivals eingeladen.
Rahel ist Mitbegründerin und Teammitglied der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld und lebt mit ihrem Mann, Schauspieler Simon Engeli, und drei Kindern in Kreuzlingen. www.puppenspiel.ch
Simon Engeli
Simon Engeli ist 1978 geboren und wuchs in Romanshorn aus. Er studierte an der Scuola Teatro Dimitri und ist mittlerweile seit 20 Jahren als Schauspieler, Regisseur und Theaterautor tätig. Dabei führten ihn zahlreiche Tourneen und Gastspiele mit eigenen Inszenierungen an Theater in der Schweiz und Deutschland.
Mit der Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger leitet er die Theatertruppe «Puppenspiel.ch». In dieser Formation entstehen seit 2004 Stücke – häufig für Kinder und Familien – die Figurentheater und Schauspiel verbinden. Er ist ausserdem Gründungs- und Teammitglied der Theaterwerkstatt Gleis 5.
Von 2016 bis 2021 war er im Ensemble bei «Karl‘s kühne Gassenschau» engagiert. In der Irish Folk Band «A Little Green» spielt er zudem Geige und Schlagzeug. Er lebt mit seiner Frau Rahel Wohlgensinger und ihren drei Kindern in Kreuzlingen.
Mit dem See-Burgtheater ist Simon schon lange verbunden: 2005 erhielt er dort eines seiner ersten professionellen Engagements und damit einen Einstieg ins Berufsleben: In Shakespeares «Romeo und Julia» spielte er die Rolle des Benvolio. Im Folgejahr 2006 war er in «Der tollste Tag» von Peter Turrini für eine Mehrfachrolle vorgesehen. Bei einem Sturz brach er sich allerdings das Schulterblatt und konnte nur noch als rollstuhlfahrender Richter auftreten. 2011 spielte er im Seeburgpark in Nestroys «Der Zerrissene» mit und 2012 inszenierte er das von Leopold Huber geschriebene und von Astrid Keller gespielte Einfraustück «Frida – Viva la Vida». 2015 war er in «Romeo und Julia auf dem Dorfe» von Gottfried Keller als «Schwarzer Geiger» zu sehen. Und im Sommer 2024 führt er nun Regie bei «Prometheus», der diesjährigen Produktion des See-Burgtheaters. www.engeli-theater.ch